Partnerschaft


Partnerschaft:

Ein Leben lang glücklich

Am Anfang ist Verliebtheit, aus der Liebe wächst. Später kommt der Alltag, öfter Frust, manchmal auch Krisen. So lassen sich Konflikte besser bewältigen

Glücklich nach vielen gemeinsamen Jahren. Das hat bei Paaren in Deutschland Seltenheitswert.

"Freilich würde ich ihn noch einmal heiraten. Was sollte ich denn ohne ihn machen?“, sagt Gertrud K. (69) aus München ohne das leiseste Zögern. Und auch ihr Mann Franz (79) beantwortet die Frage, ob er mit seiner Frau noch einmal vor den Traualtar treten würde, ohne mit der Wimper zu zucken mit einem festen Ja. Das Ehepaar ist seit 50 Jahren
verheiratet.

 

An Trennung haben die beiden nie gedacht. Das ist in Deutschland eine Seltenheit: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Wiesbaden liegt die Scheidungsrate derzeit bei 55 Prozent – jede zweite Ehe endet also vor dem Scheidungsrichter.

 

Gute Partnerschaft, aber wie?
Nach Studien von Professor Dr. Manfred Hassebrauck, der als Sozialpsychologe an der Universität Wuppertal arbeitet, ruht eine stabile Beziehung auf vier Pfeilern. In der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit sind das:


Intimität. Hier geht es nicht um Intimität im sexuellen, sondern im emotionalen Sinn – füreinander da sein, Vertrauen zu dem Partner haben, sich um ihn kümmern, an ihm interessiert sein.

Übereinstimmung und Ähnlichkeit. Damit sind gleiche Einstellungen bei wichtigen Lebensfragen gemeint – also zum Beispiel bei der Urlaubs- und Freizeitgestaltung oder bei politischen Meinungen.
Unabhängigkeit. Auch individuelle Bedürfnisse brauchen in einer Beziehung ihren Platz. Wenn es eine starke Abweichung gibt zwischen dem gewünschten und dem tatsächlichen Freiraum, entsteht Unzufriedenheit, meint Hassebrauck.
Sex. Guter Sex ist für das Gelingen einer Partnerschaft nicht so wichtig, wie häufig angenommen wird. „Man kann nicht sagen: Wenn es im Bett gut läuft, ist auch die Beziehung intakt. Es ist eher umgekehrt: Wenn es sonst gut läuft, dann ist auch der Sex gut“, sagt der Sozialpsychologe.

 

Erst attraktiv, dann nervig
In Langzeit-Beziehungen kommen nicht selten einer oder mehrere dieser Pfeiler ins Wanken. Fehlende Gemeinsamkeiten oder Missverständnisse können eine Partnerschaft dauerhaft zerrütten. Derartige Probleme speisen sich oft aus einer Quelle, die Hassebrauck als „fatale Attraktion“ bezeichnet. „Wenn wir länger mit jemandem zusammenleben, stören wir uns mitunter an Eigenschaften des anderen, die wir am Anfang ganz toll fanden.“ Da ist etwa eine junge Frau fasziniert von einem selbstbewussten, karriereorientierten Mann – um nach zwei Jahren darüber zu verzweifeln, dass der Traummann keinen Abend vor zehn Uhr zu Hause ist. 

Auch eine geschönte Selbstdarstellung zu Beginn der Beziehung trägt zu späteren Konflikten bei. „In der Anfangsphase versucht man, ein möglichst positives Bild von sich zu entwerfen. Das kann man nicht beliebig lange aufrechterhalten“, meint der Experte. Irgendwann fällt die Tarnung – und beide Partner stehen mit ihren Fehlern und Schwächen da.

 
Veränderung birgt Krisengefahr

Eine große Herausforderung sind Belastungen durch Veränderungen in der sozialen und wirtschaftlichen Situation des Paars, etwa durch Kinder oder Hauskauf. „Das erzeugt einen hohen Abstimmungsdruck“, sagt Dr. Joachim Engl, Buchautor und Berater am Münchner Institut für Forschung und Ausbildung in Kommunikationstherapie. Leicht entstehen dann kommunikative Turbulenzen, die ernste Krisen heraufbeschwören. Daneben birgt die sexuelle Beziehung ein hohes Potenzial für Unzufriedenheit. „Oft machen die Partner den Fehler, den Rückgang der Leidenschaft als Hinweis dafür zu sehen, dass etwas nicht in Ordnung ist“, sagt Hassebrauck. Vorübergehende Lustlosigkeit wird dramatisiert. „Dass die erotische Leidenschaft abnimmt, ist aber ein ganz normaler Prozess. Nach fünf Jahren prickelt es nicht mehr so wie in den ersten drei Monaten.“ Wer die Macht der Gewohnheit durchbrechen will, muss die partnerschaftliche und die erotische Beziehung bewusst pflegen. Dazu gehört es, Zeit und Aufmerksamkeit zu investieren sowie offen für Neues zu sein.

 
Konflikte besser bewältigen


1. Gemeinsame Ziele definieren.

Für viele Frauen und Männer ist der Partner auch nach etlichen Jahren des Zusammenseins ein mehroder weniger unbekanntes Wesen. Die Paar-Berater Regina und Alberti S. aus dem Schwarzwald leiten Langzeit- Paare deshalb dazu an, sich wieder (oder erstmals) besser kennen zu

lernen. In ihren „Paarsein“-Seminaren sollen die Teilnehmer nicht im Sumpf ihrer Probleme wühlen, sondern nach vorne denken und eine Vision entwickeln. „Es gibt kein Patentrezept, wie man seine persönliche Beziehung pflegt. In unserer Arbeit geht es darum, dass die Paare für sich entdecken, was Erfolg und partnerschaftliche Zufriedenheit für sie bedeuten“, sagt Regina S. Sich gemeinsame Ziele zu setzen und diese im Alltag Stück für Stück zu verwirklichen schaffe die Basis eines neuen Umgangs miteinander. Nach der Erfahrung des Berater-Ehepaars haben die meisten Menschen ein sehr starkes Bedürfnis nach Bindung. „Nur das Wie ist unklar.“


2. Miteinander reden.

Kommunikation ist das Schmiermittel, das den Motor der Beziehung am Laufen hält“, sagt Hassebrauck. Das belegen auch die Studien von Engl und seinem Kollegen Dr. Franz Thurmaier in München, die spezielle Kommunikationstrainings- Programme für verschiedene Zielgruppen von Paaren entwickelt haben. „EPL“ etwa – Ein Partnerschaftliches Lernprogramm – dient jüngeren Leuten als Ehevorbereitung. „KEK“ – Konstruktive Ehe und Kommunikation – richtet sich an Paare, die schon längere Zeit zusammen sind und sich in der Beziehung neu orientieren wollen. „KomKom“ – Kommunikations-Kompetenz – ist ein Training für alle, die unter starkem Belastungsdruck stehen und im Rahmen einer Paarberatung gezielt Probleme lösen wollen. 

Kern des Konzepts: partnerschaftliches Kommunizieren unter professioneller Aufsicht neu lernen. Ein Trainer steuert die um „heiße Eisen“ kreisenden Gespräche des Paares. „Er mischt sich zwar nicht inhaltlich ein, sorgt aber dafür, dass die Art, wie die beiden miteinander sprechen und einander zuhören, so gut wie möglich gelingt“, erläutert Engl. Missverständnisse und ein unkontrollierter Schlagabtausch sollen so vermieden werden.

 

Das Ehepaar H.  absolvierte im vergangenen Jahr ein KEK-Training. „Das Vorgehen nach bestimmten Regeln ermöglichte es, uns einander zu öffnen und uns von Ballast sowie angehäuften Vorurteilen freizumachen.“ Paare, die an derartigen Seminaren teilnahmen, trennen sich denn auch deutlich seltener: Die Rate in der EPL-Gruppe etwa lag nach vier Jahren bei vier Prozent, in der Vergleichsgruppe ohne Beratung bei 23 Prozent. „Die Kompromissbereitschaft wächst, wenn die Kommunikation gut ist“, sagt Engl.


3. Konstruktiv streiten.

Es geht nicht darum, Streit zu vermeiden, sondern das Sichhochschaukeln des Konflikts“, erklärt Paarberaterin Regina S.. „Streit in der Partnerschaft ist normal. Streit ist belebend.“ Es kommt allerdings entscheidend darauf an, wie die Beteiligten damit umgehen.


Streiten ja, aber richtig
Damit Alltagsstreitigkeiten und Krisengespräche nicht hochkochen, sollten sich beide Partner an Regeln halten. Engl fasst seine wichtigsten Tipps zusammen. So sollte der Partner, der gerade

spricht, Folgendes beachten:


- Formulieren Sie das, was Sie mitteilen wollen, möglichst persönlich, nicht in anklagenden Du-Sätzen oder vereinnahmenden Wir-Sätzen, aber auch nicht ganz neutral. Etwa: „Ich möchte, dass wir ...“, „Ich will, dass ...“, und nicht: „Immer machst du …“, „Es ist ganz normal, dass man in einer guten Ehe ...“ Je mehr es dem Sprecher gelingt, bei sich selbst zu bleiben, desto näher kann er dem anderen kommen.


- Bleiben Sie anschaulich, damit der andere Ihre Äußerungen nachvollziehen kann. Sagen Sie ihm, wie sein konkretes Verhalten auf Sie wirkt. Benennen Sie die Gefühle, die Sie dabei haben. Eine

Todsünde in der partnerschaftlichen Kommunikation ist es, nicht bei der Sache zu bleiben und zur General-Abrechnung überzugehen („Auch damals hast du dich mit
deiner Mutter gegen mich gestellt“) oder Unterstellungen und Interpretationen zu machen („Du hast schon immer gewollt, dass ...“).

 Die zuhörende Streit-Partei sollte sich an Folgendes halten:


- Versuchen Sie, die Aufmerksamkeit während des Gesprächs zu halten und auch zu zeigen. Schauen Sie Ihr Gegenüber immer wieder kurz an.


- Geben Sie nicht der Verlockung nach, sich sofort zu rechtfertigen.


- Versuchen Sie zu verstehen, was der Partner sagt, indem Sie es in eigenen Worten wiedergeben oder zusammenfassen. Sie müssen nicht damit einverstanden sein. Wenn Sie etwas genauer wissen wollen, fragen Sie nach.


Es ist sicher nicht einfach, alle diese Regeln im Eifer des Gefechts einzuhalten. Versuchen sollten Sie es trotz dem, denn jeder Erfolg zahlt sich schließlich aus – durch mehr Harmonie mit dem Partner.



Apotheken Umschau; 21.12.2005

Quelle: http://www.gesundheitpro.de/Partnerschaft-Ein-Leben-lang-gluecklich-Partnerschaft-A051221COCHP019035.html



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