Kommunikation
3 Wir legen den Pferden das Zaumzeug ins Maul, damit sie uns gehorchen; so lenken wir das ganze Tier. 4 Oder denkt an ein Schiff: Es ist groß und wird von starken Winden getrieben; trotzdem wird es mit einem winzigen Ruder gesteuert, wohin der Steuermann es haben will. 5 Ebenso ist es mit der Zunge: Sie ist nur klein und bringt doch gewaltige Dinge fertig. Denkt daran, wie klein die Flamme sein kann, die einen großen Wald in Brand setzt!
Abb.1
Ziel dieses Abschnittes ist es zu verdeutlichen, wie wichtig es ist, zu verstehen, dass Kommunikation vielschichtig ist, dass jeder ein anderes Verständnis und einen anderen Hintergrund hat und dass es möglich ist, mit ein wenig Übung und Sensibilität eine gemeinsame “Sprache“ zu entwickeln.
Grundlagen der Kommunikation
Definition Kommunikation
Der Begriff Kommunikation ist abgeleitet vom lateinischen Wort communicare (mitteilen, sich verständigen) - bezeichnet die Gesamtheit aller Informationen auf verbaler als auch nonverbaler Ebene, die zwischen mindestens zwei Menschen ausgetauscht werden. Kommunikation ist kein Monolog, sondern ein Dialog.
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Der Sozialwissenschaftler und Psychologe Paul Watzlawick kam zu dem Schluss, dass es schwer ist, richtig zu kommunizieren. Darauf aufbauend entwickelte er zwei Grundregeln der Kommunikation, die sich in allen zwischenmenschlichen Beziehungen immer wieder bewahrheiten.
Regel 1: Es ist nicht möglich, nicht zu kommunizieren
Im Beisein anderer Menschen hat jedes Verhalten eine bestimmte Bedeutung für die Kommunikation. Wir kommunizieren auch dann, wenn wir nichts sagen, weil unser Körper Signale an andere vermitteln.
Regel 2: Jede Kommunikation hat Inhalts- und Beziehungsaspekte
Kommunikation ist stets von Inhalts- als auch Beziehungsaspekten geprägt.
1.1 Die Ebenen der Kommunikation
Was zeichnet die nonverbale Ebene aus?
Bei der nonverbalen Kommunikation werden Informationen über die Körpersprache zum Ausdruck gebracht. Die Körpersprache umfaßt die Mimik, die Gestik, die Körperhaltung, die Stimmung, den Abstand zum Gesprächspartner, den Augenkontakt, den Gesichtsausdruck, etc.
Was zeichnet die verbale Ebene aus?
Bei der verbalen Kommunikation tauschen zwei oder mehrere Gesprächspartner Informationen mit Hilfe der Sprache (mündlich) aus. Dabei spielt die Stimme und die Lautstärke der Stimme wie auch die Tonlage („Der Ton macht die Musik“) eine wichtige Rolle.
Unter anderem werden diese beiden Ebenen sehr stark von folgenden Faktoren beeinflusst:
Die Gesprächssituation (gestresst, entspannt, unter Zeitdruck, etc.)
Die Beziehung und Stellung zum Gesprächspartner (Eltern, Sohn, Partner, Freund, Kollege, Chef, etc.)
Die eigenen Prägungen durch das Elternhaus, Kultur, Werte und Normen
Die eigene Persönlichkeit
Die Mentalität und Kultur meines Gesprächspartner
Der Wortschatz
Es ist wichtig zu verstehen, dass beide Ebenen eng miteinander verbunden sind und wir nicht nur verbal oder nonverbal kommunizieren. Ich liebe Dich, kann in vielen verschiedenen Tonlagen und mit verschiedensten Gesichtsausdrücken gesagt werden. Die Bedeutungsspanne kann zwischen einem ehrlichen Ausdruck von tiefer Zuneigung bis hin zu einer sarkastischen Aussage in einem Streit reichen oder einfach nur als alltägliche Floskel dahin gesagt sein. Je nach Situation und die Art wie wir etwas sagen, kommt es positiv oder negativ beim Gesprächspartner an, verbindet er positive oder negative Gefühle und Bilder damit und dem entsprechend wird auch seine Reaktion ausfallen.
Die Körpersprache und die verbale Kommunikation sollten übereinstimmen, da sonst Irritation und Mißverständnisse entstehen können. Ein mit grimmigen Gesichtsausdruck gesagtes „ ... ich liebe Dich!“ wirkt nicht stimmig und erzeugt Unsicherheit bei Partner.
Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass das Gesagte (die Botschaft) immer vier Aspekte beinhaltet:
Den Sachinhalt – hierbei wird der Sachinhalt einer Botschaft kommuniziert.
Die Beziehung – hierbei spielt die Beziehung zwischen dir und deinem Gesprächspartner/in eine Rolle. Die Beziehung spiegelt sich in deiner verbalen und nonverbalen Ausdrucksweise wieder.
Der Appell – der Appell richtet sich an deinen Gesprächspartner/in mit dem Sinn, bei ihm/ihr eine Handlung auszulösen. Das kann bewußt oder auch unbewußt erfolgen.
Die Selbstoffenbarung – sie gibt etwas über deine Person preis. Dabei handelt es sich um eine sogenannte “Ich-Botschaft“. Auch hier kann eine bewußte aber auch unbewußte Übermittlung stattfinden.
Beispiel (aus Miteinadner reden 1, 2005, Seite 31)2:
Ausgangssituation: Die Frau (Empfäner der Nachricht) sitzt am Steuer. Der Mann (Sender der Nachricht) sitzt neben ihr.
Er sagt zu Ihr: „Du da vorne ist grün.“
Sachinhalt: „Die Ampel zeigt grün an.“
Beziehungshinweis: „ Du brauchst meine Hilfestellung.“ oder „In unserer Beziehung kann ich dir solche Hinweise geben.“
Apell: „Gib Gas!“
Selbstoffenbarung: „Ich bin ungeduldig.“ oder „Ich habe es eilig.“
1.2 Gute Kommunikation
Was macht gute Kommunikation in der Ehe aus?
Unter guter Kommunikation ist zu verstehen, dass diese Art des Kommunizierens die Beziehung fördert und beide Partner gleichermaßen zufrieden stellt. Gute Kommunikation ist geprägt von Wertschätzung für den Partner. Sie erhält oder steigert das Selbstwertgefühl des Gegenübers. Mit guter Kommunikation wächst die Beziehung. Gute Kommunikation vertieft das Vertrauen zueinander und baut dadurch Ängste und Vorbehalte ab. Gute Kommunikation ist geprägt von Offenheit und Akzeptanz für den anderen, der Fähigkeit sich in den anderen hinein zu versetzen, zuhören zu können und das Gehörte im Bezug auf die Bedürfnisse des anderen einzuordnen.
Wozu dient bzw. was prägt gute Kommunikation?
Kommunikation dient dem Austausch, der Übermittlung und der Aufnahme von Informationen.
Kommunikation dient zur Auferbauung, zum Lob und zur Anerkennung des Partners
Kommunikation ist liebevoll, geduldig, klar, ehrlich und offen
Kommunikation ist herausfordernd für jedermann
Kommunikation ist beziehungsfördernd
Kommunikation belebt und vertieft die Beziehung
Kommunikation ist wichtig für das Wachstum der Beziehung
Kommunikation dient dem Ausdruck der eigenen Bedürfnisse und Wünsche
Was öffnet die Türe zu einer guten Kommunikation in der Beziehung?
Ehrlich und offen zueinander sein.
Aussprechen was einen selbst bewegt oder womit man Probleme hat, ohne dabei dem Partner Vorwürfe zu machen.
In Ehrlichkeit klar und offen die eigenen Bedürfnisse und Erwartungen äußern.
Es ist wichtig von sich selbst zu sprechen. Dabei spricht man von einer sogenannten “Ich-Botschaft“. Sätze, die mit “Du“ beginnen, können als Angriff aufgefaßt werden und erzeugen meist einen Gegenangriff. Dabei sollten die Dinge konkret auf den Punkt gebracht und nicht allgemein und personenneutral kommuniziert werden.
Zum Beispiel: „ Man sollte mal den Müll rausbringen.“ - Wer ist wohl „man“?
Mißverständnisse bei dieser Art der Kommunikation sind vorprogrammiert.
Kommunikation mit meinem Partner sollte von Respekt und Liebe ihm gegenüber und seinen Ansichten geprägt sein. So wie man es sich selbst auch wünscht. Es gehört dazu sich Zeit zu nehmen und geduldig zuzuhören. In einem klugen Spruch heißt es:
„Wir haben einen Mund und zwei Ohren.
Deshalb sollen wir doppelt so viel zuhören wie sprechen.“
Zwei Menschen können jahrelang unter einem Dach leben und miteinander reden, aber sich doch nicht wirklich begegnen. Mary Catterwood |
Nachfragen und das Gehörte von Zeit zu Zeit wiederholen. Das vermittelt eine ehrliche Bereitschaft zu erfahren, was der Partner denkt und fühlt. Das schafft Verbindung im Gespräch. Nur wer sich die Zeit nimmt und zuhört wird den geliebten Mensch an seiner Seite verstehen und kennenlernen. Zuhören will gelernt sein. Es ist ein wichtiger Teil der Kommunikation und einer Ehe. In einem der folgenden Abschnitte wird es speziell zum Zuhören noch ein paar Tipps geben.
Freundlichkeit ist ein wichtiges Element gelungener Kommunikation. Ein ehrliches und offenes Lächeln kann Menschen und Situationen grundlegend verändern. In Verbindung mit einem ruhigen sachlichen Ton und konstruktivem argumentieren in Diskussionen gelingt es selbst schwierige Konfliktsituationen zu meistern.
1.3 Konfliktkommunikation/Kommunikationsregeln
Konflikte durch missverständliche, falsche oder verletzende Kommunikation, wer von uns kennt sie nicht? Es kommt immer wieder vor, dass zwei bei einem Streit das eigentliche Ziel aus den Augen verlieren. Das führt zu ergebnis- und ziellosen Konflikten, die auch nachhaltig noch sehr negative Auswirkungen entfalten können. Konflikte gehören zum menschlichen Miteinander und zur Entwicklung einer Partnerschaft. Doch ist ein Konflikt durchaus so zu meistern, dass beide Partner zu einer gemeinsam lebbaren Lösung kommen und daran reifen können. Wichtig ist, dass beide Seiten bei einem Streit immer auf eine gemeinsame Lösung aus sind.
Konflikte wird es immer wieder geben, das wird sich nicht vermeiden lassen. Vermeiden läßt sich allerdings zum Beispiel, dass es immer wieder die gleichen Inhalte sind über die gestritten wird oder dass jeder Streit mit Verletzungen, Enttäuschungen und Rückzug endet. Solche destruktiv ausgetragenen Konflikte erzeugen Frust und öffnen weiteren unfruchtbaren Konflikten Tür und Tor. Dazu ist es erforderlich, dass jeder Einzelne an seiner Konfliktkompetenz arbeitet um eine gemeinsame und konstruktive Streitkultur zu entwickeln.
Aus diesen Grund möchte ich in den nun folgenden Kapiteln darüber sprechen wie Meinungsverscheidenheiten konstruktiv gelöst werden können und wie sich Konflikte minimieren und vermeiden lassen.
Ein konstruktive Streitkultur zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:
Eine offene Auseinandersetzung ist möglich.
Beide sind darauf bedacht den anderen nicht mit Absicht zu verletzen.
Es wird sachlich und fair argumentiert.
Vorwürfe werden begründet und möglichst als Ich-Botschaft formuliert.
Bei Problemen wird die Schuld nicht beim Partner gesucht, sondern zuerst der Eigenanteil geprüft und offen und ehrlich kommuniziert.
Zahlen und Fakten
Welches sind besonders gefährliche Kommunikationsfallen? Es haben sich insbesondere vier Kommunikationsmerkmale als besonders destruktiv für den Verlauf einer Partnerschaft herauskristallisiert:
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Abb.3
1.4 Positiv- Negativ-Formulierungen
Viele Menschen neigen dazu, Konfliktgespräche mit negativ belasteten Worten zu beginnen. Sie verstärken somit das Negative und vermindern die Chance auf einen konstruktiven Verlauf des Konflikts. Im Folgenden ein paar Tipps und Beispiele, um zu verdeutlichen was negative Kommunikation ausmacht und von was sie beeinflußt wird. Es ist kein Geheimnis, dass unsere Sprache, unsere Art zu kommunizieren, ein Ausdruck unseres Innenlebens ist.
Versuche, negative Sachverhalte oder Gefühle positiv zu formulieren. Das bedeutet unter anderem keine negativ behafteten Worte zu nehmen. Diese sind potentielle Streitentzünder und führen oft zu Missverständnissen.
Negativ Beispiel:
„… ich fühle mich gerade echt schlecht und habe keine Lust auf dich…“
„…. ich will jetzt nicht mit dir reden...“
„ Du mußt noch den Müll rausbringen“
Positiv ausgedrückt:
„… ich fühle mich heute nicht sehr wohl und würde das Gespräch gerne auf morgen verschieben, weil es mir wirklich wichtig ist.“
„….laß uns bitte nachher darüber reden, ich bin jetzt noch nicht bereit.“
„Wolltest Du nicht noch den Müll rausbringen?“
Das Augenmerk beim positiven Formulieren sollte immer darauf gerichtet sein, was für den Partner positiv, beruhigend oder sogar erfreulich ist. In jedem Fall sollte es konstruktiv und nicht verletzend sein. Es sollte Klarheit und Frieden erzeugen und das Gesagte sollte mit der Körpersprache, der Gestik und dem Ton zusammenpassen. Dazu ist es wichtig, die eigene Kommunikation zu beobachten und sich zu überlegen, von was sie geprägt ist und wie sie beim Gegenüber ankommen könnte. (“durch die Ohren des Anderen hören“).
Frage Dich:
Warum erzeugt die Aussage meines Partners bei mir so negative Empfindungen?
Oder warum erzeugt mein Gesagtes so negative Gefühle bei meinem Partner?
Habe ich zum Beispiel noch Verletzungen oder Minderwertigkeit in genau diesem Bereich, weshalb ich folgedessen so abweisend und angegriffen reagiere?
Beobachte dich einmal ob du eher ein “Das-Glas-ist-halbvoll- oder das-Glas ist-halbleer-Typ“ bist. Das ist wichtig, weil der “Glas-ist-halbleer-Typ“ eher zu einer pessimistischen Kommunikation und negativen Sicht der Dinge neigt.
Übungsaufgabe Beobachte einmal deine Kommunikation. Ist diese eher von positiven, optimistischen oder eher von negativen, pessimistischen Aussagen geprägt? Frage deinen Partner wie er Deine Kommunikation empfindet.
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1.5 Wie Prägungen und Herkunft unsere Kommunikation beeinflussen
Die erste Prägung unserer Kommunikation erhalten wir im Elternhaus. Das heißt die Grundlage unserer Kommunikation wurde erst einmal ohne unser Zutun gelegt. Oft kommunizieren wir unbewußt in der “Sprache“ (Ausdrucksweise, Wortwahl, Lautstärke, Gestik und Mimik), die wir in unserer Herkunftsfamilie erfahren und erlernt haben. Welche “Sprache“ sprichst Du?
Die erlernte Sprache kann sowohl förderlich als auch hinderlich für die eigene Kommunikation sein.
Um sich darüber bewußt zu werden wie wir geprägt sind, welche Sprache wir sprechen, helfen die folgenden Fragen.
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1.6 Elemente der konstruktiven Konfliktlösung bzw. Vermeidung
Verwende keine “ja, aber“ Formulierungen. Das erweckt das Gefühl beim Partner, nicht ernst genommen zu werden. Wie wäre es zum Beispiel mit:
“Ich bin weitgehend deiner Meinung, gebe jedoch zu bedenken, dass …“
“Ich kann deine Auffassung gut verstehen (hier präzisieren was du gut verstehst), ich sehe das jedoch so (hier genau zum Ausdruck bringen, wie du die Angelegenheit siehst).“
Vermeide absolute Wörter, die eine Pauschalisierung zum Ausdruck bringen. Damit sind zum Beispiel Wörter wie „immer“ und „nie“ gemeint. Diese Wörter vermitteln in einem Konflikt zum Beispiel, dass der andere sich „immer“ so oder so verhält oder „nie“ etwas richtig macht. Sie legen dein Gegenüber fest und sind nicht konkret. Das treibt dein Gegenüber in die “Ecke“ und zwangsläufig in die Verteidigung. Das wiederum birgt auf jeden Fall unnötiges Streitpotential und Nährboden für weitere Mißverständnisse.
Während einer Streitsituation sollten keine “Leichen aus dem Keller geholt werden“, unbedingt beim Thema bleiben. Das heißt, wenn ein vergangener Konflikt einmal geregelt wurde und beide mit der Lösung einverstanden waren, darf es in einem späteren Streit nicht dazu kommen, dass dieser als Argumentation gegen den Partner verwendet wird. Das ist unter Umständen sehr verletzen und höchstwahrscheinlich wird es den aktuellen Konflikt nur negativ beeinflussen. Selbst, wenn der alte Konflikt nicht geregelt wurde, sollte er nicht aus dem Keller gezogen werden. Sollte man im aktuellen Konflikt merken, dass man noch Probleme mit vergangenen Konflikten/Streitthemen hat, dann ist es ratsam, mit dem Partner in einer entspannten und friedlichen Situation darüber zu sprechen. Es ist wichtig, Streitthemen gemeinsam anzugehen und auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Das muss nicht immer die Optimallösung sein. Es kann sich dabei auch um ein momentanes Übereinkommen handeln, mit der Regelung zu einem späteren Zeitpunkt das Thema weiter zu besprechen. Wichtig ist ein gemeinsamer Punkt zum Streitthema.
Die eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Ziele offen aussprechen. Hierbei geht es nicht darum, dem eigenem Ego größtmöglichen Raum in der Beziehung zu verschaffen. Vielmehr ist es wichtig, dass die Partner voneinander wissen sollten, welche Bedürfnisse, Wünsche und Ziele vorhanden sind. Es könnte zum Beispiel sein, dass er sagt, ich will unbedingt drei Kinder haben oder ich will nach dem Studium für 3 Jahre in Indien arbeiten. Wenn sie im Vorfeld einer Ehe weiß, dass er drei Kinder will und dass er in Indien arbeiten möchte, kann sie sich mit Ihm gemeinsam über diese Wünsche und Ziele austauschen. Beide können zu einem Kompromiss kommen. Würde er sie erst nach der Heirat vor die vollendete Tatsache stellen, dass er in naher Zukunft ein Jobangebot in Indien annimmt, birgt diese Art der Kommunikation großes Konfliktpotential in sich. Gerade in diesem Bereich kommt immer wieder der Satz, “hätte ich das nur vorher gewußt“ zum Vorschein. Hier kommt zum Ausdruck, dass der Partner sich nicht darüber im Klaren war, dass diese Wünsche und Ziele im Raum standen. Offenheit in der Beziehung ist daher ein wichtiges Element der Konfliktvermeidung sowie der Konfliktlösung. Offenheit drückt Respekt vor dem Partner aus, anerkennt, dass seine Meinung wichtig ist und bindet ihn in die eigenen Gedanken und Gefühle mit ein.
Versuche einen eigenen Lösungsvorschlag und einen Alternativlösungsvorschlag zum diskutierten Streitthema zu formulieren. Der Vorschlag sollte so gewählt sein, dass es dem Partner nicht unnötig schwer gemacht wird einzulenken. Auch sollte der Vorschlag verhandelbar sein. Versteifen sich beide auf ihren Lösungsvorschlag wird es keine gemeinsame Lösung geben. Diese entsteht, indem beide Seiten darüber verhandeln was sie geben und annehmen können.
Zeit und Ort für eine Diskussion sollten gut gewählt sein. Das heißt, nicht jeder ist immer und überall dazu bereit zu diskutieren. Zeitlicher Druck oder Müdigkeit sind schlechte Umstände für ein Streitgespräch. Es ist legitim zu sagen, dass man unter diesen Umständen nicht darüber reden möchte. Jedoch sollte dann auch ein Vorschlag gemacht werden, wann und wo man es für angemessener hält. Der andere sollte sich nicht abserviert oder nicht ernst genommen fühlen.
Übungsaufgabe Beobachte Dich einmal in der nächsten Diskussion und versuche kein “ja, aber“ zu verwenden.
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In einem Streitgespräch haben Vergleiche mit Verwandten, Tieren oder Gegenständen, sowie Schimpfwörter wie Arschloch, Idiot usw. nichts zu suchen. Aussagen wie, „Du bist wie Dein Vater“, „das ist typisch für Deine Familie“, „Du blödes Schwein“, können unter Umständen sehr hart und verletzend sein. Der Konflikt könnte dadurch ungewollte Ausmaße annehmen und eskalieren
1.7 Vergebung als versöhnendes Element nach einem Konflikt und Teil einer längerfristigen Investition in die Beziehung
Es kommt immer wieder vor, dass man sich in einem Streit, absichtlich oder unabsichtlich verletzt. Das kann sowohl auf verbaler als auch auf nonverbaler Ebene stattfinden Es kann aber auch dazu kommen, weil jeder einfach nur so ist wie er ist und der andere es in bestimmten Situationen als einen Angriff bzw. verletzend empfindet, wenn der Partner so reagiert wie er eben reagiert. Deshalb ist es wichtig sich zu kennen. Sich für die Schwächen, Stärken, Ansichten, Persönlichkeit, Wünsche und Bedürfnisse des Anderen zu interessieren bedeutet in einem Streit zu wissen, mit wem man streitet. Es ist möglich, das Gesagte im Kontext zur Person einzuordnen, weil man weiß wer es sagt.
Ein wichtiges Element der Konfliktkommunikation bzw. der Konfliktbewältigung ist die Vergebung. Dabei geht es darum, dem Partner zu vergeben, was er in einem Streit gesagt oder getan hat. Vergebung schafft einen gesunden Boden für kommende Konflikte. Vergebung erleichtert die Last eines Streites und öffnet nach dem Konflikt den Weg zum Herzen des Partners. Mit Vergebung wird eine Beziehung frei von Altlasten die sich ansonsten von Streit zu Streit anhäufen könnten. Ein “Nachtragen“ wird erschwert und somit die Chance auf “Leichen im Keller“ erheblich reduziert. Denn es sind gerade die “Leichen“ (unverarbeitete Konflikte), die in einer Beziehung immer wieder für Streitpotential sorgen und sehr zermürbend sein können. Vergebung ist eine Haltung, ein Einstellung. Sie hat mit der Einsicht zu tun, dass es in einer Lieben zwischen zwei Menschen keinen Raum hat für Anklage und Vorwürfe. Der Charakter von Vergebung hat etwas mit Reife, Demut und Selbstlosigkeit zu tun. Demut deshalb, weil man bereit sein sollte, den eigenen Stolz zu überwinden und den Partner beispielsweise für eine verletzende Aussage, um Vergebung zu bitten. Selbstlosigkeit, weil es in diesem Moment darum geht, wie es dem anderen geht, was man mit dem eigenen Verhalten erzeugt hat. Zu erkennen, dass man den Partner verletzt hat, ist bereits ein Zeichen emotionaler und persönlicher Reife.
Ein weiteres wichtiges Element der Konfliktkommunikation/Bewältigung, welches an Vergebung anknüpft, ist die Wiedergutmachung. Wiedergutmachung bekräftigt die Einsicht die einen Menschen zur Vergebung geführt hat. Wiedergutmachung signalisiert dem Partner die Bereitschaft zur Veränderung. Mit Wiedergutmachung wird Vergebung ganz praktisch.
Hier ein paar Tipps zur Wiedergutmachung:
Wiedergutmachung beginnt immer einseitig.
Beziehe Deinen Partner nie in Deine Schuld mit ein, weder ganz noch teilweise. Bei Wiedergutmachung geht es um Dein Unrecht, Deine Schuld und Dein Verhalten. Es geht nicht darum etwas zu Verhandlung zu stellen - sondern darum Deine Schuld zu bekennen.
Wiedergutmachung beginnt nicht mit dem Wort "Wenn".
Der Selbsteinsicht, dass man jemanden verletzt hat, darf kein Satz wie: "Wenn ich dich beleidigt habe" oder “Wenn Du nicht so dummes Zeug gesagt hättest“ folgen. Vielmehr sollte es heißen: "Bitte, vergib mir“, “Es tut mir leid, und ich bitte Dich um Vergebung."
Wiedergutmachung ist keine Garantie für sofortige Wiederherstellung und Heilung. Du bist für die Antwort des anderen nicht verantwortlich. Setze niemanden unter Druck, dir die Vergebung zu gewähren oder so zu reagieren wie du es dir vorstellst. Manche Worte oder Taten haben tiefe Verletzungen beim Partner hervorgebracht. Heilung braucht Zeit.
Wiedergutmachung muß immer im Verhältnis zur Tat stehen.
Eine überproportional große Wiedergutmachung ist ungesund für die Beziehung und kann für ein Ungleichgewicht zwischen den Partnern sorgen. Wiedergutmachung kann als Unterwürfigkeit oder falsche Demut verstanden werden. Der Partner könnte das ausnutzen und eine überzogene Opferrolle einnehmen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sollte von Beiden stets im Auge behalten werden.
Wiedergutmachung geschieht für die Beziehung.
Es geht nicht darum sich als besonders reif über den Partner zu stellen. Das wäre eine falsche Haltung zu diesem wichtigen Thema.
Das ganze Thema Vergebung und Wiedergutmachung ist im Kontext der Beziehung zu einem geliebten Menschen zu sehen. Es ist ein grundsätzlich wichtiges Element des menschlichen Zusammenlebens. Vergebung bildet einen wichtigen Gegenpol zu der Atmosphäre, die durch einen Konflikt die Beziehung belastet. Diese Sicht hat in erster Linie etwas mit einer Entscheidung pro Beziehung zu tun. Wer einen Menschen liebt, der vergibt ihm. Vergeben heißt nicht vergessen, wie es so schön heißt; vergeben und vergessen. Wer vergisst, lernt unter Umständen nicht, sondern verdrängt. Es sollte etwas aus dem Konflikt gelernt werden und um das Gelernte vorbehaltlos umzusetzen muss der emotionale Boden frei von Verletzung und “Altlasten“ sein. Nur so können sich Streitthemen nicht zu Dauerbrennern entwickeln und eine konstruktive Atmosphäre der Entwicklung innerhalb der Beziehung geschaffen werden.
Um das Thema Vergebung und Wiedergutmachung bildlich auszudrücken:
Wer sich in den Finger schneidet wird augenblicklich einen Schmerz spüren. Dieser Schmerz wird die Erkenntnis erzeugen, dass es wichtig ist zu handeln. Es wird die praktische Behandlung der Wunde folgen. Ein Verband wird angebracht, um die Blutung zu stillen. Später wird man den Heilungsprozeß eventuell noch durch eine Wundheilsalbe unterstützen.
Um Vergebung bitten ist die Erkenntnis, jemand verletzt zu haben. Wiedergutmachung ist die praktische Behandlung der Verletzung. Sowohl die Erstversorgung als auch die Nachsorge.
1.8 Ich - Botschaften4
Die Ich-Botschaften, auch Selbstoffenbarungen, sind Äußerungen, die eigene Meinung und die eigenen Gefühle mitteilen. Eine Ich-Botschaft besteht aus einem Gefühls- und einem Tatsachenanteil: Die eigenen Gefühle werden in der Ich-Form zum Ausdruck gebracht. Was die Gefühle verursacht hat, wird im sachlichen Informationsteil der Botschaft mitgeteilt:
Beispiel: "Als ich feststellte, dass Du wieder zu spät gekommen bist, war ich sehr enttäuscht!"
In der Ich-Form vorgebracht, werden geäußerte Gefühlsstimmungen nicht zur verletzenden Kritik an der anderen Person, wie es oft bei "Du-Botschaften" (z.B. "Du lügst immer!") der Fall ist. Die Ich-Botschaft vermeidet eine unfruchtbare Konfrontationssituation und trägt der Tatsache Rechnung, dass zuerst der Sprecher ein Problem hat, nicht der Angesprochene.
Ich-Botschaften sind eine wichtige Methode der Deeskalation, da sie dem Empfänger das Nachgeben und Einlenken leichter machen.
Der Sprecher einer Ich-Botschaft ist ein Mensch mit Empfindungen, mit Stärken und Schwächen und nicht ein Halbgott, der über den Dingen steht. Dadurch wird aus einer hierarchisch-autoritären Beziehung eine partnerschaftliche Beziehung.
Ich-Botschaften legen die Verantwortung für das weitere Geschehen in die Hand des Gesprächspartners.
Ich-Botschaften fördern Ich-Botschaften des anderen. Dadurch entsteht eine Atmosphäre der Offenheit und Vertrautheit.
Zu Beachten bei Ich - Botschaften
Manche Ich-Botschaft ist keine, sondern ein Vorwurf, eine Beschuldigung, ein Urteil, eine Du-Botschaft. Beispiel: "Ich finde, du bist faul" ist gleich "Du bist faul".
Noch wichtiger als die Mitteilung über eine Enttäuschung ist die über eine Freude. Beispiel: "Die letzte Stunde hat mir sehr gut gefallen, weil wir so schön zusammen gearbeitet haben."
Abschwächer nutzen sich ab, wirken unsicher und entwerten das Gesagte.
Beispiel: "Es macht mich ein bisschen traurig, dass dir das manchmal so egal ist."
1.9 Aktives Zuhören
Es geht bei dieser Methode darum, zuzuhören. Wer richtig zuhört versteht um was es geht, und muss nicht interpretieren. Es geht nicht darum so schnell wie möglich eine Lösung für das Anliegen oder Problem des Partners zu finden. Zunächst soll das Aktive Zuhören dazu dienen zu verstehen um was es dem Partner geht, was ihn bewegt und was er erwartet.
Mit dieser Methode kann ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Identifikation mit dem Partner oder seinem Anliegen während eines Gesprächs erreicht werden. Aktives Zuhören vermittelt Wertschätzung und Interesse am Anderen und dem, was er zu sagen hat. Diese Gefühle sind wichtig für eine positive Kommunikation.
Wichtige Elemente des Aktiven Zuhörens sind:
Die Gefühle des Partners ansprechen.
Beispiel: “….Das bedrückt dich..“; “..dir geht es damit nicht gut..“; “.. dein Schmerz ist groß..“
Spiegeln
Das in Worte fassen, was der Partner selbst gesagt hat, dabei jedoch andere sprachliche Formulierungen verwenden. Das dient dazu, Mißverständnissen vorzubeugen und signalisiert Gesprächsbereitschaft.
Beispiel: Er : „Ich war heute richtig gut mit Jörg radeln.“
Spiegeln: „ Die Bewegung mit Jörg zusammen hat dir echt gut getan.“
Signale
Hierbei geht es darum verbale oder nonverbale Signale von sich zu geben, um dem Partner zu zeigen, dass man noch bei der Sache ist und ihm aufmerksam folgt.
Beispiel: Nach einer Pause z.B. ein „Hm“ oder „Aha“ von sich geben oder zustimmend mit dem Kopf nicken.
Vertiefende Fragen
Nachfragen wirkt unterstützend für den Gesprächsverlauf und verdeutlicht dem Partner gleichzeitig wo es Mangel an Informationen gibt. Durch Nachfragen werden Mißverständnisse verringert und das Anliegen des Partners gewinnt an Klarheit. Es ist hierbei unter anderem wichtig, nach den Gefühlen des Partners zu fragen und Interesse zu zeigen an dem, was ihn bewegt.
“Was bedeutet das für dich?“
“Wie machst du das?“
“Wie geht es dir dabei?“
Was beim Aktiven Zuhören nicht gestattet ist:
Sich selbst einbringen in Form von:
„...das ist mir kürzlich auch passiert.“ – egal, es geht jetzt um den Partner
„… das kann ich dir nachfühlen.“ – kann gar nicht sein, jeder Mensch fühlt individuell.
Konkrete Sachfragen stellen, die den Partner davon abhalten sein Problem oder seine Geschichte ungehindert zu erzählen.
„Wie und wo ist es denn passiert?“ oder „Wie hieß der Typ noch mal?“
Werten, qualifizieren und beurteilen:
Das ist schlecht
Das ist sehr gut
So ein Mist
Kritisieren, moralisieren, verallgemeinern, Besserwisserei:
Da hast du einen Fehler gemacht
Das gehört sich nicht
Schon wieder du mit deinem ….
Das habe ich dir gleich gesagt …
Das habe ich schon immer gewusst ….
Vertiefungsfragen
Praktische Übung zum Thema Aktives Zuhören Trefft Euch als Paar mit einem gut befreundeten Paar. Übt nun aktives Zuhören anhand eines Themas das einen von Euch beiden sehr interessiert. Zum Beispiel erzählt einer über sein Hobby, der andere muss mit Aktivem Zuhören das Gespräch mitführen. Das befreundete Paar beobachtet euch bei diesem Gespräch. Nachher reflektiert ihr gemeinsam das Gespräch. Reflektiert, wie ihr euch gefühlt habt.
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Erarbeitet euch das Thema Kommunikation anhand folgender Fragen. Nehmt Euch Zeit für die Fragen und seit offen zueinander. Die Fragen dienen dazu das Thema zu vertiefen und aufzuzeigen wie unterschiedlich jeder von euch in diesem Bereich geprägt wurde.
Prägungen
Wie wurde bei dir daheim kommuniziert?
Zum Beispiel freundlich, streng, zurückhaltend, offen, unterdrückend, laut, besonnen, etc.
Welche Kommunikationsprägungen aus deinem Elternhaus entdeckst du an dir?
Konfliktkommunikation
Welche Konfliktsituationen hast du in deinem Elternhaus erlebt? 1-2 Beispiele
Wie hast du diese Konfliktsituationen empfunden?
Wie wurden diese Konflikte in Deiner Familie ausgetragen?
Zum Beispiel eher offen und gemeinsam oder vertuscht und nicht geklärt.
Wie wurden diese Konflikte gelöst?
Wer hat dabei welche Rollen eingenommen
Zum Beispiel cholerischer Vater, leidende Mutter?
Welche Prägungen in der Konfliktkommunikation entdeckst du an dir?
Kommunikationsregeln
Zu den Bereichen Ich-Botschaften, positiv- negativ- Formulierungen und Aktives Zuhören, sollt ihr euch bis zum nächsten Mal beobachten und in kurzen Worten schriftlich festhalten, wie ihr diesen Bereich lebt.
Zur Erinnerung
Ziel dieses Abschnitts ist es zu verdeutlichen wie wichtig es ist, zu verstehen, dass Kommunikation vielschichtig ist, das jeder ein anderes Verständnis davon hat und das es möglich ist mit ein wenig Übung und Sensibilität eine gemeinsame “Sprache“ zu entwickeln.
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© Patrick Weidner 2007
1Abb. Die Gute Nachricht Bibel; Jakobus 3, 3-5
2Friedmann Schulz von Thun, Miteinadner reden 1, Rowolth Tb., 2005
3Abb. Guy Bodenmann, http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Aktuelles/a_Partnerschaft/s_122.html
4Ich-Botschaften: http://de.wikipedia.org/wiki/Ich-Botschaft